gefährliches Ausland

  • hallo egbert!


    wenn die situation in bolivien nicht vollkommen außer kontrolle gerät, würde ich meine tochter auf jeden fall da lassen. als sie sich für ein südamerikanisches land entschieden hat, war sie - und ihr als eltern - sich bestimmt bewusst, dass dort immer etwas passieren kann.
    ich persönlich war vor einigen jahren mit meinen eltern mehrere wochen in peru, da sie dort vor meiner geburt einige jahre gelebt haben. südamerika ist fantastisch, und ich kann jedem empfehlen, einmal dort hinzufahre, ob nun für wenige wochen oder eben ein ganzes jahr.


    ich habe mich für das doch recht ungefährliche schweden entschieden und werde meine bewerbung in den nächsten wochen abschicken. aber rein theoretisch kann auch dort etwas passieren, nicht wahr?

  • Es ist ein riesen Unterschied, ob man als Tourist in ein solches Land fährt oder sich dort als ATS aufhält.
    Als Tourist hat man in der Regel wenig Kontakte zur Bevölkerung und schliddert schnell mal mehr oder weniger ahnungslos in die eine oder andere vermeidbare Situation hinein. Als ATS lebt man (gerade in diesen "Krisen-Ländern") gut behütet in Familien, die die Kids nicht allein auf die Straße lassen, wenn es nicht angebracht ist.
    DAS wissen die Organisationen und können auch das Risko ziemlich gut einschätzen. Im letzten Jahr wurden von AFS die ATS aus Venezuela zurückgeholt und einige Wochen später in ein anderes Land gesandt. Es war also nicht mal ein Abbruch vonnöten!
    Wenn man so wie wir eine ATS aus einem solchen Land aufnimmt, erfährt man, wie "sicher und behütet" diese Menschen in bewachten Wohnanlagen leben und wir hätten z.B. unsere Tochter nach dieser Erfahrung sogar nach Kolumbien gelassen. (Unsere ATS war eine Kolumbianerin.) Leider wird dieses Land bei keiner Organiosation angeboten.
    Asha

  • Naja, ist ja schön und gut, das AFS gut arbeitet und die Eltern und Schüler nicht im Stich lässt. ABER: was machen eigentlich Kinder in diesen Krisenländern? Mit Verlaub, ich finde das fahrlässig, weil in instabilen Staaten die Situation ganz schnell umkippen kann und sich ein harmloser Austausch in ein gefährliches Spiel verwandelt. Das Auswärte Amt warnt seit Jahren vor Reisen nach Bolivien und Venezuela (Venezuela leidet unter einem aggressiven Kriminalitätsproblem), ebenso wie in andere labile Zonen der Welt. Was zum Teufel machen dann die ATS da? Ist es nicht etwas blauäugig und eben nicht doch gefährlich, Schüler in solche Abenteuer zu schicken? Und dann wundert man sich, wieso wieder Europäer irgendwo entführt wurden. Also, ich find das leichtsinnig.

  • Lieber Egbert,


    ich kann eure Beunruhigung sehr gut verstehen. Aber ich kann dir auch 100% versichern, dass AFS International extrem vorsichtig ist und Schüler aus Krisengebieten lieber zu früh ausfliegt (so letztes Jahr geschehen mit den AFSern in Venezuela). Ich denke, ihr könnt AFS vertrauen und entspannen.


    Auch meine Tochter hat sich dieses Jahr für Südamerika beworben und ich konnte dem nur zustimmen, weil ich die Arbeit von AFS seit über 30 Jahren (damals war ich mit AFS in USA) kenne.
    Als der Angriff auf das World Trade Center war, war mein Sohn mit AFS in Kansas. Die Informationspolitik von AFS hat uns damals sehr beruhigt. AFS hat sofort und kompetent reagiert.
    Mit herzlichem Gruß
    Rana

  • Hallo,
    unsere Tochter ist seit August in La Paz/Bolivien.
    Sie hat eine wunderbare Gastfamilie, hat sich gut eingelebt und kommt auch mit der Sprache schon prima zurecht.
    Nun gab es im Oktober diese gewalttätigen innenpolitischen Auseinandersetzungen. Wir waren natürlich sehr erschrocken und um die Sicherheit unserer Tochter besorgt, da es zu Strassenkämpfen mit vielen Toten kam.
    Positiv war, dass AFS die Kinder sehr schnell informierte und ihnen Anweisungen gab, die Wohnungen nicht zu verlassen und die Schule vorerst nicht zu besuchen. Unerwartet wurden wir dann von AFS gefragt, ob unsere Tochter ausgeflogen
    werden soll. Die Entscheidung musste ohne Bedenkzeit getroffen werden und hing wohl mit der von europäischen
    Botschaften organisierten Maßnahme zusammen, die Touristen außer Landes zu bringen. Der Flughafen von La Paz war zu
    dieser Zeit gesperrt und eine normale Ausreise nicht möglich. Da uns mitgeteilt wurde, dass die Mitarbeiter von
    Botschaft, Hilfsorganisationen etc. weiterhin dort verbleiben, entschieden wir, unsere Tochter vorerst da zu lassen.
    Sie selbst war in ihrem Stadtteil nicht von Kämpfen betroffen, fühlte sich auch nicht bedroht. Wenn es anders gewesen wäre, hätte sie uns wahrscheinlich auch nicht die ganze Wahrheit gesagt, denn ein vorzeitiger Abbruch wäre für sie wahrscheinlich das Schlimmste. Ich mag mir nicht die Situation vorstellen, wenn sie nach 2 Monaten hätte heimgekehren müssen. Sie würde uns wohl hassen dafür.
    Nach dem Rücktritt des Präsidenten beruhigte sich die Situation sehr schnell wieder. Allerdings hat die Regierung
    eine Frist bis zum Jahresende, die Forderungen der Opposition zu erfüllen. Durch die Gewalt des bolivianischen Militärs ist sehr viel Haß auf der Seite der indigenen Bevölkerung. Weitere blutige Auseinandersetzungen sind zu befürchten.
    Vor diesem Hintergrund stehen wir vor der bangen Frage, wie entscheiden, wenn die Situation wieder eskaliert.
    Es gibt dann die "Bedenkenträger" in der Verwandtschaft, die schon vorher dagegen waren, das Kind in eines der ärmsten
    Länder Südamerikas zu schicken. Das erzeugt natürlich einen gewissen Druck. Andererseits denken wir, dass AFS selbst die "Notbremse" zieht, zumal wahrscheinlich sehr schnell Versorgungsengpässe auftreten, die es der Gastfamilie erschweren, die Betreuung zu gewährleisten.
    In der letzten Mail unserer Tochter schrieb sie von Plänen, während der demnächst beginnenden Sommerferien,
    verschiedene Städte und Gegenden des Landes zu besuchen (von AFS organisiert). Das ist zwar noch nicht fest, aber
    trotzdem ist uns sehr unwohl bei dem Gedanken, sie reisend in einem derzeit nicht sicheren Land zu wissen.


    Gibt es Eltern, die ähnliche Situationen erleb(t)en oder gar die unfreiwillige Rückkehr ihres Kindes nach Deutschland bewältigen mussten?


    Egbert