Policoro, Italia 05/06

  • So, das wars jetzt erst mal, ich geh jetzt dann gleich mit Emilia zum Gitarrenunterricht.
    Ach ja, um euch noch mal alle neidisch zu machen: Das Wetter ist blendend!! So vor zwei Wochen gab es mal eine vier Tage lange Kältephase, wo es wirklich so richtig kalt war und ich mir gedacht habe, da hätt ich ja auch gleich in Deutschland bleiben können. Aber dann wurde es wieder richtig schön und es ist immer noch fast sommerlich, nachmittags knallt die Sonne und es hat mindestens 25°C, man kann also durchaus noch mit kurzen Ärmeln rausgehen. Das ist aber ungewöhnlich, meine Familie meint, so wäre es seit Jahren im November nicht mehr gewesen, normalerweise ist es kälter. Ich find das aber toll, lasse meine Jacke im Schrank hängen und genieße dieses tolle Wetter!
    Also, seid alle lieb gegrüßt von mir im kalten Deutschland! ;-)
    Um mal wieder meine Namensliste zu aktualisieren:
    Johanna, Joanna, Joana (mit ganz langem a, so nennen mich fast alle in meiner Klasse), Gioanna (so nennen mich die meisten Erwachsenen), Giovanna, Giuà (oder wie auch immer man das schreibt. Das bedeutet Giovanna im Dialekt, meine Gastfamilie nennt mich meistens so und amüsiert sich immer
    königlich dabei), Giovannuccia, Giovannina



    PS: Wenn ihr mal ein Foto von irgendwas haben wollt, schreibt mir, dann kann ich euch eines schicken!



    Was ich toll finde:
    - Ich lieeeebe die selbst gemachte Pizza von meiner Gastmutter!
    - Das Wetter ;-)
    - Wir haben fast jeden Schultag eher aus, weil die Lehrer fehlen.
    - Wir spielen immer noch fast jeden Tag Burraco. ;-)



    Was mich nervt:
    - Eine Sache, die mich wirklich extrem nervt, ist, dass man hier so viel
    Wert auf Äußerlichkeiten legt. Jede Person wird nur nach ihrem Aussehen
    bewertet. Z.B. auf die Frage „Und, wie ist die neue Deutschlehrerin?“ wird
    nicht wie bei uns „Naja, ganz ok“ oder „Etwas seltsam“ geantwortet, sondern
    „Hässlich“. Und wirklich JEDE Person, über die gesprochen wird, wird
    bewertet, ob sie hässlich ist oder gut aussieht. „Kennst du die xy?“ „Ach
    ist das die aus der Klasse x? Die hässliche/die hübsche?“ Das finde ich
    einfach nur zum Kotzen, so muss ich das jetzt mal ausdrücken, und es regt
    mich so richtig auf, dass das Gesprächsthema Nummer eins unter den
    Italienerinnen ist, welche Jungs gut aussehen und welche hässlich sind und
    in der Pause läuft man jeden Tag durch die Schule um Ausschau nach gut
    aussehenden zu halten.

  • Sprachlich kann ich jetzt endlich richtige Fortschritte feststellen. Ich verstehe jetzt fast alles, außer wenn mehrere Leute durcheinander reden oder einen starken Dialekt haben. Selber kann ich mich auch schon besser ausdrücken, aber das braucht schon ganz schön viel Zeit, vor allem bei Fachthemen, die wir in der Schule behandeln, hab ich da noch manchmal Probleme. Aber Alltagsgespräche bewältige ich mittlerweile fließend. Meine Lieblingsausdrücke sind „Boh“, was „ich weiß es nicht“ oder „keine Ahnung“ bedeutet, „cavolo“, was eigentlich „Kohlkopf“ heißt, aber als Fluch verwendet wird, z.B. sagt der Lehrer „Macht doch endlich mal diesen Kohlkopf von Tür zu!“ oder „Welcher Kohlkopf bzw. Wer zum Kohlkopf ist das denn?!“. Ein viel verwendetes Wort ist auch scemo (ausgesprochen schemo), was so viel wie dumm heißt, allerdings eher im scherzhaften Sinn, und auf fast alles (Tiere, Filme, Personen, Obst, Carabinieri…) angewendet werden kann. Oft rate ich auch irgendwelche Wörter, was in den meisten Fällen sogar stimmt. Manchmal aber lieg ich auch daneben, worüber sich die anderen dann köstlich amüsieren können. Z.B. komfortabel  comfortabile, was aber leider nicht existiert, sondern confortevole oder comodo heißt, oder ich sage conduire für fahren, weil ich mich am Französischen orientiert habe und mein Gegenüber schaut mich verständnislos an, weil es guidare heißt. ;-)
    Letzte Woche ist es mir das erste Mal passiert, dass ich was verstanden habe, während es zwei Italienerinnen nicht verstanden haben. ;-) Was ich nicht gedacht hätte, ist, dass das Gehirn am Anfang solche Probleme hat, zwischen Deutsch und Italienisch zu unterscheiden. Wenn ich mit Deutschland telefoniert habe, schleichen sich hinterher immer deutsche Wörter in meine Sprache ein, z.B. sage ich „wie?“, wenn ich was nicht verstehe oder am Telefon sage ich aus Versehen sì statt ja. Ganz kompliziert wird es, wenn
    ich mit Lena, der anderen Deutschen hier und gleichzeitig mit Italienern zusammen bin. Wir unterhalten uns dann in einer recht seltsamen Mischung aus Italienisch und Deutsch. Aber Gott sei Dank geht es ihr auch so und wenn ich erst mal sichereer in der Sprache bin, hört das hoffentlich auf. ;-)
    In der Schule komm ich auch ganz gut zurecht, ich habe alle Tests so einigermaßen gut bestritten, habe aber außer Französisch (das fand ich so was von einfach, weil man nur Grammatikfragen ankreuzen musste, und hab gleich mal eine 9 ½ , so ziemlich die beste Note, die es gibt, abgesahnt) noch keine Ergebnisse, weil die Lehrer hier ewig zum korrigieren brauchen. Nur vor Phiosophie hatte ich Angst, aber dieses Problem hat sich von ganz alleine erledigt. Es hatte nämlich niemand Lust, diesen Test zu schreiben und mit dem Vorwand, dass wir an diesem Tag auch noch Italienisch
    geschrieben haben, haben sie versucht, die Lehrerin zu überzeugen, ihn zu verschieben. Da sie ihn aber schon drei Mal verschoben hatte, ließ sie sich nicht überreden und nach einer geschlagenen Stunde Diskussion waren wir zu keinem Ergebnis gekommen. Das rief große Empörung hervor („Scandalo!!!“) und deshalb einigte sich die ganze Klasse darauf, am nächsten Tag ein leeres Blatt abzugeben. Am nächsten Tag kam also die Lehrerin, teilte alle Blätter aus und die Spannung stieg. Wenn einer geschrieben hätte, wäre alles umsonst gewesen. Aber es hat keiner getan. Das kam mir doch sehr gelegen, denn ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung von dem Zeug, auch wenn alle behauptet haben, die Fragen wären sehr einfach gewesen. Jetzt bin ich mal gespannt, ob sie uns tatsächlich allen eine 2 gibt (so ziemlich die schlechteste Note, die es gibt)…

  • So, fuer alle, die sich gerade langweilen gibt es hier ... *trommelwirbel* ... MEINE 4. RUNDMAIL!!! *trööööööt*


    Ciao!!
    05.11.05


    Nach einer längeren Pause wird es mal wieder Zeit für einen Bericht an euch.
    Vorgestern bin ich aus Rom zurückgekommen, wo ich für zwei Tage mit der Schule war. Zwei Tage sind zwar nicht sehr lange, vor allem wenn man auch noch die nicht gerade kurze Fahrt mit einplanen muss, aber es hat sich trotzdem gelohnt. Wir waren insgesamt nur 5 Schülerinnen von unserer Schule,
    nämlich Emilia, Imma, Federica, Rosanna und ich und wir sind zusammen mit zehn Schülerinnen aus Tarent in einem Kleinbus gefahren. Begleitet hat uns unsere Geschichte- und Phiosophielehrerin. Bei unserer Ankunft am Mittwoch
    Nachmittag sind wir gleich am Vatikan ausgestiegen, haben erst mal den Petersdom besichtigt und sind dann auf die Kuppel raufgestiegen. Ich fands toll, war aber leicht genervt von den anderen, die ziemlich hysterisch waren. Sie waren schon nach den ersten paar Stufen fix und fertig und hatten
    einen hochroten Kopf. Ich bin ja selber alles andere als sportlich, aber sooo anstrengend war das jetzt auch wieder nicht. Aber es stimmt schon, manchmal sind die Treppen SEHR eng und man kann leicht Platzangst bekommen,
    jedenfalls hat die ganze Gruppe hinter mir pausenlos „Oh mein Gott, wie weit ist es noch?? Ich schaff es nicht mehr!! Ahhh, oh Gott, diese Treppen! Hilfe, ich sterbe! Heute sterbe ich! Wie weit noch??“ gerufen, was auf die Dauer ziemlich stressig wird. Letzlich kamen wir aber doch noch oben an, wo
    man eine tolle Aussicht hat und sich ausschließlich unter Deutschen befindet. Zum ersten Mal hab ich wieder sehr viele Deutsche auf einem Fleck getroffen und konnte gleich mal Dolmetscherarbeiten bei einem Streit an der Minitreppe, die nach unten führt, übernehmen. Überhaupt wimmelt diese Stadt vor Deutschen, an den Touristenorten (wo wir uns ausschließlich aufgehalten haben) geht die Quote wohl an die 80 Prozent heran. Abends haben wir in der Nähe vom Vatikan eine Pizza gegessen, leider drinnen, weil außen alles besetzt war. Das Wetter war nämlich blendend, es waren fast sommerliche Temperaturen und man konnte bei srahlender Sonne im T-Shirt draußen rumlaufen. Dann fuhren wir zu unserem Hotel, was ziemlich weit außerhalb lag, deshalb mussten wir am nächsten Morgen auch um sieben Uhr (!) schon wieder fertig sein und unser Gepäck verfrachtet haben um loszufahren. Wir hatten nämlich einen Termin auf dem Kapitol, da unsere Schule und die Schule aus Tarent bei einem Projekt gewonnen haben und wir ja extra für die Siegerehrung nach Rom gefahren waren. Das war keine so
    spannende Angelegenheit, aber immerhin hatte man von der Terrasse dieses Gebäudes (das war irgendwie so ne Art Rathaus) einen super Panoramablick über das Forum Romanum und aufs Kolosseum. Danch sind wir zu fünft mit
    unserer Lehrerin noch ein bisschen durchs antike Rom geschlendert und hinterher ließ es sich nicht vermeiden, dass die Italienerinnen unbedingt shoppen wollten. Wir sind also durch die Einkaufsstraßen rund um die Spanische Treppe gelaufen und haben Geschäfte durchpflügt, während die
    Lehrerin jedes mal außen auf uns gewartet hat. ;-) Am Nachmittag war es auch schon wieder Zeit zurückzufahren und eine nicht enden wollende Fahrt wartete auf uns. Ich war todmüde, aber ans Ausruhen haben die Italienerinnen keinen
    Gedanken verschwendet sondern haben pausenlos „geredet“, was ich eher als schreiben bezeichnen würde, gegrölt und gesungen. Das war zwar amüsant, aber ziemlich anstrengend und als wir um halb eins Nachts endlich in Policoro ankamen (wir mussten ja erst noch den lästigen Umweg über Tàranto machen), war ich fix und fertig und wäre fast umgekippt. Wie gut, dass wir am Freitag nicht in die Schule gegangen sind, sondern uns mal so richtig ausgeschlafen haben. Heute waren wir dann in der Schule und morgen ist schon wieder Sonntag. :-) Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich mich für diesen Ausflug angemeldet habe, denn ich hatte sooo gehofft, in meinem Jahr hier einmal nach Rom zu kommen und es ist einfach die tollste Stadt, die ich kenne!!! Ich kanns kaum erwarten, wieder hinzukommen. ;-)

  • Hey Bettina, ist ja super!! Freut mich total fuer dich! Ich kenn eine, die war fuer ein Schuljahr in Catania und der hats total gut gefallen. Am Anfang wars zwar etwas schwierig mit dem Dialekt, aber da hat sie sich ziemlich schnell dran gewoehnt.
    @charlylein: Also meine Schule ist ein liceo scientifico, aber in jedem Jahrgang gibt es auch zwei oder drei linguistico und technologico-Klassen. Auf meinen Unterlagen stand aber liceo scientifico und ich hab erst von meiner Schwester erfahren, dass man da auch das linguistico machen kann. Aehm, das war jetzt etwas konfus, hast dus kapiert?

  • hey giovanna!
    ich fahre ja auch mit sts nach italien im jänner und habe gestern meine familie bekommen! ich komme nach sizilien, nach acireale, was in der nähe von catania ist. was ich bis jetzt so gelesen habe, klingt ja sehr gut! ich befürchte nur, dass ich in sizilien kein wort verstehen werde... aber irgendwie schaffen wir das schon. ich freu mich jedenfalls schon total! schreib mal brav weiter, dass ich weiß was mich erwartet...

    Hin und wieder merk' ich auch,
    daß ich keine Menschen brauch'
    und lieber ganz alleine bin

  • Ciao Luisa,
    freut mich, dass auch dir als Italienerin meine Berichte gefallen. Und du kannst schon stolz auf "dein" Land sein, denn es ist schon irgendwie was besonderes.
    Ciao, Giovanna
    @charlylein: Ach, ich denk das wirst du schon ueberleben. Und wie gesagt, nicht geschockt sein, wenn du auf einem liceo scientifico landest, da bin ich ja schliesslich auch. Und ich denke, es ist oefter so, dass es dann zusaetzlich einen sprachlichen oder auch nen technologischen (sagt man das auf Deutsch so??) Zweig gibt.
    Tut mir uebrigens leid, dass ich im Chat so wenig Zeit hatte, aber ich bin hier echt immer beschaeftigt... A presto, TVB, Johanna

  • ciao giovanna !
    come stai ? nja, will mich jetzt mal net weiterblamieren ^^, kann zwar italienisch sprechen, aber net wirklich schreiben ^^
    fand deine berichte total interessant, weil ich jedes jahr 4 wochen bei meiner family in sizilien in und auch ein paar mal mit meinen cousinen und cousins in der schule war.
    das liceo linguistico find ich auch am besten, mein cousin ist auf´m classico und der lernt da mehr latein und griechisch als alles andere ... *augen-verdreh*
    nja, bin auch irgendwie stolz auf "mein" land, wenn du so viele tolle sachen schreibst
    hab gestern übrigens erfahren, dass ich auch die ital. staatsbürgergschaft besitzte *g*
    nja, das wars auch schon ^^
    ciao luisa

  • juhu juhu juhu!
    Du hast endlich wieder geschrieben
    tut mir leid, wenn ich dich damit nerve
    Und es ist ja in gewissem sinne auch eigentlich gut, dass du nciht so viel im i-net bist....das heißt du hast eine tolle zeit *hehe*
    Auch wenn das für mich ncith so toll ist (also, dass du nicht im i-net bist...nicht, dass du glücklcih bist könnte mich stören ) .....denn ich freue mich über jeden deiner einträge und über jede erfahrung, die du machst =) Das ist ja so ungefähr das, was ich nächstes jahr erleben werde =)
    Oh mein gott ich bin ja sooowas von gespannt.....wie lang hat es eigentlich gedauert, bis du eine gastfamile hattest?
    Ach ja falls dir mal langweilig sein sollte *lol* ich hab noc hseeehr viele fragen geschrieben (s.oben)
    Tanti saluti e baci, charly

  • Ach ja, das Essen… Vielleicht sollte ich davon mal was schreiben. Also insgesamt kann ich sagen, dass es…TOLL ist!!! Die meisten Sachen liebe ich einfach! Cherubina kann ziemlich gut kochen und die italienische Küche ist eben nach meinem Geschmack. Das wichtigste Essen ist hier das Mittagessen, bei dem es die typischen italienischen Gänge gibt: Als Primo fast immer Pasta, ab und zu auch mal was anderes, z.B. Linsen, dann Fleisch oder Fisch als Secondo, dann Obst und dann Dolce, allerdings gibt es das nicht oft,
    vielleicht einmal in der Woche. Abends wird nur ein Gang gegessen, manchmal auch was kaltes. Meine Gastfamilie scheint zufrieden mit mir zu sein, weil ich fast alles mag und mittlerweile auch richtig viel esse. Dass ich allerdings keinen Mozzarella mag, ist ein Drama. Dieser Dialog hängt mir zum
    Hals raus: Irgendeine Person zu meiner Gastmutter: Isst sie denn auch gut? C: Ja, doch. P: Und isst sie alles? C: Ja fast alles, nur keinen Mozzarella. P (entsetzt): WAS, KEINEN Mozzarella??? C, kopfschüttelnd: Nein, keinen Mozzarella. ;-) Außerdem werde ich immer verarscht und kriege auf die Frage, was es zu Essen gibt, häufig die Antwort: Mozzarella. Was mich allerdings etwas nervt, ist das Frühstück. Zum Frühstück esse ich entweder ne Milchschnitte, irgendsoein labbriges eingeschweißtes Minihörnchen mit süßer Pampe drin oder eben irgendwas anderes, das die Voraussetzungen klein,
    eingeschweißt und extrem süß erfüllt. Das ist an sich nicht soo schlimm, wenn es aber das einzige ist, was man zwischen 7 und 2 Uhr nachmittags zu sich nimmt, ist das nicht so toll, glaubt mir. Man nimmt sich hier nämlich nichts zu essen mit in die Schule. Wenn man „richtig“ frühstückt, ist das zu
    verkraften, aber mit einem Nichts im Magen ist das gar nicht so einfach, ca. in der 4. Stunde fängt immer mein Magen an zu knurren. Ich könnte mir zwar in der Cafeteria für viel Geld so ne Art Pizza-Schnitte kaufen, aber dann würde ich beim Mittagessen schwächeln, was nicht zu empfehlen ist. Neulich
    hatte ich mal nicht so viel Hunger und hab von einer riesen Nudel-Portion als ersten Gang ein bisschen was übrig gelassen, damit ich noch was vom zweiten Gang essen kann, woraufhin meine Gastmutter behauptet hat, ich äße wie ein „Vögelchen“.
    Um euch mal ein bisschen neidisch zu machen, muss ich noch was erzählen. Neulich hatten wir die erste Stunde frei und sind in eine Bar zum Frühstücken gegangen. Ich habe einen göttlichen Cappuccino getrunken und ein riesiges Krapfenähnliches Teil, das in der Mitte aufgeschnitten und mit
    einer total leckeren Creme gefüllt war, gegessen und insgesamt 1,60 Euro gezahlt…Dafür kriegt man in Deutschland nicht mal den Cappuccino. :-)
    Ach ja, ich muss mich noch berichtigen. Wie konnte ich in der letzten Mail schreiben, dass Nico schon nach 3 Wochen wiederkommt!? Es waren natürlich nur 2. ;-) Jetzt ist er seit zwei Wochen wieder da und ich frage mich, wann er eigentlich studieren will. Naja, soweit ich das mitbekommen habe, fährt
    er morgen Nacht zurück nach Bologna, mal schauen, wie lange er diesmal wegbleibt.
    Gestern habe ich übrigens eine Idee bekommen, wie ich Italienern die Aussprache meines Namens klar machen kann. Wir waren bei den Großeltern und da gab es folgenden Dialog: „Opa: Ciao Giovanna!! Oma: Nein, sie heißt Joanna! E: Genau, Joanna. Opa: Giovanna… Ich kann das nicht aussprechen!Oma: Er kann es nicht aussprechen. E: Er schafft es einfach nicht. Opa: Gioanna. Oma: JOanna! So wie du JUventus sagst! Joanna.“ Juventus… Das ist mal ne gute Idee! ;-)
    Bevor ich es vergesse, ich muss euch noch mitteilen, dass ich jetzt eine neue Handynummer habe, weil ich mir eine italienische Karte gekauft habe.
    Danke auch für die vielen Anrufe und Mails, die ich bekommen habe! Es tut mir leid, ich konne auf die meisten Mails noch nicht antworten, weil ich die letzten zwei Wochen kaum ins Internet konnte, denn Nico war ja da. Und wenn ich drin bin, hab ich auch immer nicht so viel Zeit, allen
    zurückzuschreiben. Aber ich hab mich natürlich trotzdem total gefreut! :-)
    Um zum Schluss noch mal was zum Wetter zu schreiben: Langsam wird es „herbstlich“, das bedeutet, dass man auf jedenfall eine lange Hose anziehen muss und morgens vor der Schule sind auch lange Ärmel angebracht, nachmittags ist es aber noch ziemlich warm, heute hatte es 26 Grad. Und das
    im Oktober, hehehe!


    So, das wars dann mal, ganz liebe Grüße und bis bald!!
    Johanna

  • Was ich toll finde:
    - Die meisten Lehrer sind echt richtig nett und helfen mir immer.
    - Wenn wir eine Freistunde haben, und das kommt ziemlich oft vor,
    schließlich stehen schon drei im regulären Stundenplan (Sport und Religion),
    imitieren Renzo und Fabrizia oft die Lehrer. Und es ist einfach nur
    GENIAL!!! Renzo kann das so gut, besonders die Deutschlehrerin und die
    Taschentuchfragerin hat er drauf. Die ganze Klasse kann sich dann nicht mehr
    halten vor Lachen und liegt fast unter den Tischen. Es ist echt SO lustig!
    - Das Wetter!!! Im Oktober, während teilweise schon die Blätter
    herunterfallen, im T-Shirt herumzulaufen ist echt klasse. :-)
    - Burraco! Wir spielen es immer noch jeden Tag und mittlerweile bin ich
    richtig gut. Es ist zwar eigentlich eher ein Glücksspiel, aber trotzdem
    gewinne ich fast immer. Und es macht so Spaß!



    Was mich nervt:
    - Die Post braucht irgenwie ewig. Mal sehen, ob die Briefe, die ich vor zwei
    Wochen abgeschickt habe, je in Deutschland ankommen…
    - Meine Gastschwester läuft so langsam! Ich dachte ja schon immer, ich wäre
    eine Person, die eher langsam läuft. Aber Emilia behauptet immer, ich würde
    „rennen“. OK.
    - Der Diddl (ausgesprochen Diedol)-Wahn der hier ausgebrochen ist. Und zwar
    nicht wie in Deutschland unter den 10-jaehrigen, sondern unter den Leuten
    meines Alters. Jedenfalls kann ich das Vieh nicht mehr sehen…
    Mehr fällt mir jetzt gerade leider nicht ein… Aber das ist ja eigentlich
    gut. :-)



    Lustige Erlebnisse:
    - Meine Gastmutter ist immer noch recht eifrig am Deutschlernen.
    Mittlerweile hat sie schon viele Sätze gelernt, aber sie hat eben keine
    Ahnung von der Struktur der Sprache, deshalb kommen manchmal solche Sätze
    wie „Hat es dir gefruhstuckt?“ heraus, weil sie „Hat es dir geschmeckt?“ und
    „Hast du gefrühstückt?“ vermischt (Ach ja, das ü ist genauso wie das ö für
    die Italiener unaussprechlich. Sie sagen also miude statt müde oder iuba
    statt über.). Außerdem wünscht sie mir jeden Abend erst mal einen guten
    Morgen und einen guten Tag, bevor sie mir schließlich eine gute Nackt
    wünscht. ;-) Lustig ist auch immer, wenn sie Mimmo oder Nico, die von ihrem
    Deutschlernen eher genervt sind, dazu überreden will, auch was zu lernen und
    ihnen ganz stolz aufsagt, was sie gelernt hat. Denn manchmal wissen sie es
    besser, obwohl sie es gar nicht gelernt haben. Heute beim Mittagessen gab es
    mal wieder einen Wettstreit zwischen Cherubina und Mimmo, die sich
    gegenseitig präsentiert haben, was sie auf Deutsch wissen, wobei Emilia,
    Nico, Mimmo und ich nur gelacht haben und am Schluss auch Cherubina, die
    einzige, die es ernst genommen hat. Das war sehr lustig. :-)
    - Vor kurzem wurde mir die Kopie meiner Bewerbungsunterlagen gezeigt, die
    meine Gastfamilie zuerst bekommen hat. Da war ich sehr geschockt, denn mein
    Foto war vollkommen verunstaltet. Beim Kopieren war nämlich die eine Hälfte
    meines Gesichts TOTAL verzerrt worden, da sah so schrecklich aus. Nach dem
    ersten Schock musste ich dann aber so lachen. Gestern war ich mit Imma in
    der Stadt und wir haben uns da drüber unterhalten und sie hat erzählt, dass
    sie zuerst nicht verstanden hat, warum Emilia ihr das Foto von der
    Gastschülerin, die bald kommt, nicht zeigen will. Dann hat sie es aber doch
    gemacht und sie haben sich drüber totgelacht und Späße damit gemacht wie „Ab
    September nehmen wir ein deutsches Monster auf.“ Ich seh wirklich aus wie
    ein Monster auf dem Bild!
    - Ich war übrigens noch mal beim Zahnarzt, diesmal ist aber nichts
    außergewöhnliches passiert, ob ihrs glaubt oder nicht. ;-)

  • Die Schule ist mittlerweile schon zum Alltag geworden, es ist kaum zu glauben, wie schnell man sich an Veränderungen gewöhnt. Mir kommt es jetzt schon ganz normal vor, dass es keinen Gong gibt, sondern dass stattdessen kurz der Feueralarm eingeschaltet wird, dass die Lehrer mal kurz im Unterricht telefonieren oder dass der Religionslehrer in der Stunde nichts anderes macht, als die kurzen Röcke der Mädchen zu beswundern. Woran ich mich allerdings noch nicht gewöhnt habe, das ist das marode Schulhaus. Klar,
    unsere Schule in Deutschland ist auch nicht mehr die Neuste und es kann schon mal passieren, dass eine Tür kaputt ist. Der Unterschied ist, dass die Tür in Deutschland repariert wird. Hier kümmert sich einfach keiner drum. Wir leben jetzt schon vier Wochen ohne geschlossene Tür, die Lehrer haben es mittlerweile auch aufgegeben, am Anfang der Stunde mühsam eine Zeitung dazwischenzuklemmen und an der Türe zu zerren, nur damit sie jemand von außen fünf Minuten später aufmacht. Wieder mal geschockt war ich gestern,
    als ich in die Schule kam. Am Tag zuvor hatte es geregnet und überall im Schulhaus waren Pfützen! Als ich das mit Entsetzen festgestellt hatte, bekam ich die Antwort „Ach, du müsstest das mal sehen, wenn es länger regnet. Dann
    ist an manchen Stellen ein richtiger See.“ Es gibt immer wieder etwas, das mich überraschen kann.
    Im Unterricht komme ich jetzt schon etwas besser mit. Meine Lieblingsfächer hier sind Mathe, Physik (jaja, lacht mich nur aus), Englisch und Deutsch. Wobei wir in manchen Fächern noch gar nicht viel gemacht haben. Zum Beispiel in Physik, da haben wir in den letzten vier Stunden nämlich einfach mal
    „Apollo 13“ angeschaut. Bis jetzt haben wir drei Tests geschrieben, in Deutsch, Französisch und Geschichte. Den Deutschtest fand ich echt toll, wie schade dass es keine Note drauf gegeben hat, sonst hätte ich gleich mal mit einer 10 begonnen (das ist hier die beste Note, 1 ist die schlechteste). ;-) Französisch fand ich recht einfach und Geschichte ziemlich schwer. Ich habe nicht alle Fragen beantwortet, aber immerhin zwei große Seiten über das 17.
    Jahrhundert geschrieben, da kann ich schon stolz drauf sein, egal, welche Note es wird. Wenn ich bedenke, dass ich am Anfang gar nichts verstanden habe… Die meisten Probleme bereitet mir Italienisch, das Fach, das ich am wenigsten mag. Deutsch macht am meisten Spaß, auch wenn die Lehrerin etwas seltsam ist und meiner Ansicht nach schlechten Unterricht macht. Außerdem kneift sie mich dauernd ins Kinn, das regt mich auf. Sie hat auch einen etwas seltsamen Akzent und spricht viele Wörter falsch aus, während es die Schüler richtig machen. Ich muss sie auch öfter mal verbessern, obwohl ich mir etwas blöd dabei vorkomme. Aber sie hat selber gesagt, dass ich das machen soll und so einen Satz wie „Maria wohnt bei seiner Großmutter“ kann ich ja wohl auch nicht einfach an der Tafel stehen lassen.
    Ach ja, vom Streik muss ich noch erzählen. Letzte Woche war nämlich das erste mal „sciopero“ (ein geflügeltes Wort in Italien). Wir kamen zur Schule und es wurden an alle Schüler Zettel verteilt, auf denen Forderungen standen, die ich allerdings nicht ganz kapiert habe. Dann standen erst mal
    alle Schüler vor der Schule herum und haben ausdiskutiert, ob sie jetzt in die Schule oder wieder nach Hause gehen, was ziemlich viel Zeit beansprucht hat. Schließlich hat sich der Großteil meiner Klasse dazu entschlossen, reinzugehen. Und wir haben auch gut daran getan. Da der Streik nämlich nicht
    von den offiziellen Schülervertretern organisiert war, sondern von irgendwelchen Typen aus dem 1. und 2. Jahr (bei uns 9. und 10. Klasse), die einfach keine Lust hatten, in die Schule zu gehen, haben alle abwesenden einen Eintrag (ich hab immer noch nicht ganz kapiert, was das ist) und irgendeine Sanktion bekommen. Mal sehen, wann der nächste Streik ist…
    Nicht nur die Schule, mein ganzes Leben hier spielt sich langsam ein und alles wird ein bisschen alltäglich. Auch in meine Familie habe ich mich jetzt richtig eingewöhnt und fühle mich nicht mehr so als Gast. Das merke ich daran, dass ich mich nicht mehr komisch fühle, wenn ich einfach an den
    Kühlschrank gehe und mir irgendwas zu Essen hole, dass ich mich einfach mal so richtig aufs Sofa fläze, das ich auch mal irgendwo was liegen lasse und mich nicht mehr wie ein Verbrecher fühle, wenn mir das Essen mal nicht schmeckt.

  • Ciao ragà! 08.10.05


    Endlich hab ich mal wieder Zeit, etwas zu schreiben. Ich hab hier nämlich fast immer irgendwas zu tun. Jetzt bin ich schon über einen Monat hier, heute sind es 5 Wochen!! Unglaublich! Einerseits kommt es mir so vor, als wäre ich schon ewig hier, aber 5 Wochen hört sich trotzdem ziemlich lang an.
    Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, in den letzten 3 Wochen ist ja schon ziemlich viel passiert. Vielleicht erzähle ich erst mal von meiner Florenz-Fahrt vor einer Woche, als ich zu einem Austauschschülertreffen gegangen bin.
    Am Donnerstag Abend ging es mit dem Bus (!) los und wir fuhren die ganze Nacht über (10 Stunden) richtung Norden. Wir, das sind außer mir noch zwei andere Mädchen, die die gleiche Betreuerin wie ich haben (meine Betreuerin wohnt auch in Policoro): Catherine, eine Australierin, die im Nachbarort von Policoro wohnt und Monika aus der Slowakei, die bis jetzt in Kalabrien war, aber Familie wechseln muss und im Moment für zwei Wochen in einer Übergangsfamilie in Policoro wohnt. Wir haben immer eine Mischung aus Italienisch und Englisch gesprochen, denn Catherine kann nicht besonders gut Italienisch. Es hört sich etwa so an: „OK, we can cross the street, there is no macchina.“, „And then Chiara runs around casa!” oder „Wait for me, I’ll go to bagno.“ Wir kamen jedenfalls schon um kurz nach sieben morgens in Florenz an und zum ersten Mal hab ich diese Stadt ziemlich menschenleer erlebt. Die anderen beiden waren noch nie dort, also haben wir erst mal alle Sehenswürdigkeiten abgeklappert, gemütlich einen Kaffee in der Sonne (hehe, das Wetter war echt gut: Am Anfang war ich etwas geschockt, wie kalt es dort ist, aber das lag wohl an der Uhrzeit, nachmattags war es richtig sommerlich.) getrunken und sind ein bisschen herumgeschlendert. So haben wir irgendwie den ganzen Tag bis drei Uhr nachmittags rumgebracht. Etwas nervig war, das wir unser ganzes Gepäck mit uns herumschleppen mussten. Um drei trafen wir dann unsere STS-Gruppe am Bahnhof, alle mit unseren schönen
    STS-Rucksäcken (die sind ja so hässlich!) und gingen endlich ins Hotel. Das war zwar ne ziemliche Bruchbude, aber die Panoramadachterrasse hat einen für alles entschädigt. Insgesamt waren wir etwa 20 Austauschschüler/innen aus ganz vielen Ländern (Deutschland, Frankreich, Holland, Australien, Kanada, Neuseeland, Ungarn, Slowakei, Kolumbien, Schweiz und Finnland), die überall in Italien verteilt sind. Ich war mit Monika und Catherine in einem Zimmer. Unser „Orientation Meeting“ dauerte etwa eine Stunde, in dem wir über unser Austauschjahr sprachen, das war allerdings nicht soooo informativ. ;-) Dann haben wir nen kleinen Stadtrundgang gemacht und sind abends zusammen Essen gegangen. Es war echt super, sich mit den verschiedenen Leuten über ihre Erfahrungen zu unterhalten und endlich mal viele Gleichgesinnte zu treffen. Am Abend konnte man noch weggehen, wenn man wollte, aber ich habe mich lieber noch mit Carmen und Matthias, zwei Deutschen, mit denen ich mich super verstanden habe, zusammengesetzt. Wir haben drei Stunden ohne Unterbrechung geredet und es war so schön, endlich mal wieder ein richtig gutes und langes Gespräch ohne Sprachprobleme zu führen. :-) Am nächsten Morgen war das Treffen schon zu Ende, aber wir drei hatten noch den ganzen
    Tag Zeit, weil unser Bus wieder erst um 11 Uhr abends fuhr. Am Anfang hatten wir aber LEIDER noch eine aufgetakelte Kanadierin am Hals, die sich gut mit Catherine verstand und total shoppingbesessen war („Oh my Goooood, I loooove
    shopping!!“) und durch sämtliche Geschäfte in Florenz stöckeln wollte. War ich froh, als ihr Zug ging! Am Abend fuhren wir also wieder zurück und ich kam am nächsten Morgen todmüde an, da ich im Bus kein Auge zutun kann und
    wie gesagt in der Nacht dazwischen geredet hatte.