Die ersten zwei Wochen im Dezember wurde in der Fundación die normale Arbeit eingestellt: Die alljährliche Evaluation stand an. Ein Projekt lief jedoch weiter, nämlich Inti K’anchay bzw. Prevención. Und wer durfte den ganzen Laden schmeißen? Richtig, die Freiwilligen. Marta, Vivien und ich sahen uns also plötzlich alleine mit einer Horde von ca. 35 Kindern und Jugendlichen zwischen 5 und 19 Jahren konfrontiert. Das kommt zwar öfter mal vor, dafür wissen wir normalerweise aber immer, dass im Büro oben die Chefin Lucha und der Vize-Chef Ariel sind. Das sind die einzigen, vor denen die Kinder wirklich Respekt haben. Ich kann aber sagen, wir haben es geschafft, auch wenn ich hinterher oft noch fertiger mit meinen Nerven war als sonst. Alles wäre schön und gut gewesen, wenn ich jeden Nachmittag nicht noch vier Stunden Evaluation über mich ergehen hätte lassen müssen. Die Fenix-Evaluation fand nämlich unglücklicherweise immer nachmittags statt. Mein Fazit: Bolivianer können ohne Ende reden, ohne irgendetwas wichtiges dabei auszusagen. So eine Evaluation kann ja durchaus sinnvoll sein, dennoch hätten meiner Meinung zwei Tage dafür gereicht. Jedenfalls war ich heilfroh, als diese zwei Wochen endlich vorbei waren und wir wieder zum normalen Arbeitsalltag übergegangen sind.
Wobei man eigentlich gar nicht so richtig von normalem Arbeitsalltag sprechen kann, da sich in letzter Zeit die Ereignisse überschlagen. Am 6. Dezember (Nikolaus!) fand der alljährliche Ausflug mit Inti K’anchay statt. Ziel war ein Freibad etwas außerhalb von Cochabamba. Es war ein voller Erfolg. Die Kleinen sind total ausgeflippt und wollten gar nicht mehr aus dem Wasser herauskommen. Die größeren hielten sich hauptsächlich auf dem Fußballplatz hinter den Schwimmbecken auf, den sie sich allerdings mit ein paar Kühen teilen mussten.
Auch ich habe mich ins Wasser gewagt, allerdings nicht ohne T-Shirt. Hier gehen die Frauen nämlich in T-Shirt oder Top und Shorts baden. Uns ist es unbegreiflich, warum sie da auf einmal so prüde sind – da laufen die Frauen auf der Straße freizügiger herum, mal abgesehen von den Kostümen der meisten traditionellen Tänze, bei denen man wirklich alles sieht. Mit beim Ausflug war auch Veronika, eine Besucherin aus Deutschland, die erst wenige Tage vorher in Bolivien angekommen war. Ohne sich etwas dabei zu denken, ging sie im Bikini baden und legte sich danach auch noch für alle gut sichtbar in die Sonne. Ich werde nie die Blicke der anderen vergessen… Es ist hier einfach nicht üblich sich so zu zeigen und dann muss man ja auch noch bedenken, dass wir mit einer Horde pubertärer Jungs unterwegs waren! Mittags gab es dann ein Essen auf der Wiese mit vielen mitgebrachten Sachen und am Spätnachmittag ging es wieder zurück nach Cochabamba. Der Ausflug war ein voller Erfolg, aber leider findet der immer nur einmal im Jahr statt, wahrscheinlich weil nicht genug Geld vorhanden ist. Marta und ich haben uns deshalb vorgenommen vor unserem Abschied im Juni nochmal so etwas ähnliches zu veranstalten (dann wohl eher kein Freibad, schließlich wird es dann bald Winter). Denn es ist wirklich kein großer Aufwand, aber für die Kinder ist es einfach etwas besonderes.
Eine Woche nach dem Ausflug kam dann auch schon das nächste Ereignis. Ich hatte euch ja schon von Educar es fiesta, dem Zirkus-Projekt erzählt. Seit Oktober gingen wir dort zweimal die Woche mit den Kindern hin und letzten Samstag war es dann so weit: Die große Aufführung stand an. Nachdem in der ersten Zeit alles alles ausprobieren durften, musste Ende November jeder eine der drei Gruppen Zirkus, Musik und Theater wählen. Leider blieb da nur noch wenig Zeit etwas einzustudieren, aber trotzdem kamen richtig gute Sachen dabei heraus. Die Kinder waren richtig aufgeregt vor der Aufführung. Leider waren keine ihrer Eltern gekommen, abgesehen von einem Vater. Das fand ich schon sehr schade. Immerhin waren einige Leute von der Fundación da und einige Angehörige der kleinen Kinder, die neben Inti K’anchay ihre Aufführung hatten. Am Schluss boten die Mitarbeiter von Educar es fiesta noch ein Marionettentheater und Trommelmusik dar und dann bekamen alle eine Urkunde ausgeteilt. Ich hoffe sehr, dass wir im nächsten Jahr wieder dort teilnehmen werden, denn es hat erstens mal mir selbst viel Spaß gemacht und zweitens hat man auch gemerkt, wie es den Kindern gut tut. Ich werde mich auf jeden Fall dafür einsetzen.